Falconhead 2 – The Maneaters

Von  //  13. Mai 2013  //  Tagged: , , ,  //  Keine Kommentare

Etwas ist für mich falsch/unverständlich an diesem mythologischen Mysterienspiel, das fantasyhaft seine Figuren und ihre „narzisstische“ Sexualität dämonisiert. Das ist auch dann noch so, wenn ich FALCONHEAD 2 als Alptraum oder Archetypenmärchen sehe; mit der inneren Vielfalt und Vieldeutigkeit „realer“ Menschen will er ohnehin wenig zu tun haben. Ich fürchte, ich schreibe nicht gut über Filme, die ich nicht mag. Aber ich möchte versuchen, zu erklären, warum ich diesen Film nicht mochte.

Narzissten sind, so sagt man, Menschen, die nur das Bild, das sie sich von sich selber machen, lieben und begehren können. Das ist natürlich enttäuschend für die, die sich in sie verlieben. Im Mythos machen die Verschmähten denn auch ein Mordstheater deswegen. Aber ist es Narziss vorzuwerfen, dass er nur sich selber liebt? Man begehrt halt das, was einen inspiriert/lebendig macht. Und kriegt es selten, manchmal nie. Narziss hat es da gut.

(„Ein Bild zu lieben“… es liegt wahrscheinlich nahe, dass gerade Künstler sich öfter für diesen Mythos interessieren. Und ich habe in den letzten beiden Jahren besonders viele Jungs und Männer kennen gelernt, die Filmbilder lieben – mehr als das Leben draußen manchmal. Ich weiß aber nicht, ob das mit Narzissmus zu tun hat. Es hat vielleicht eher etwas von Orpheus‘ sehnsüchtiger Liebe zu entkörperlichten/ins Schattenreich versetzten Lebewesen und der Reise in ihr Reich. Aber es spielt bestimmt noch sehr viel anderes hinein.)

Um das Sein hinter den Spiegeln oder Hologrammen wird in symbolistischen Werken, auch in FALCONHEAD, oft ein geheimnisvoller Spökes gemacht. Die Geschichten verfangen sich dabei in ihren eigenen Bildern und Vergleichen und verlieren, was sie sagen wollten. Diese Verrätselung finde ich unfruchtbar. Mich interessiert, dass alles geheimnisvoll ist, wenn man es eingehend betrachtet – nicht nur das Bild, sondern man selber und das ganze Dasein.

Die Geschichte: Der Protagonist bekommt Besuch von einem lederschwulen Geist. Dieser spricht von „Falconhead“, einem Geschöpf, das narzisstische Männer einsaugt und sie in ihrem Spiegelbild gefangen hält, bis sie es schaffen, einen anderen als nur sich selbst lieben. Der Protagonist soll für den Geist diesen Spiegel finden und dessen Geliebten daraus befreien; dafür verspricht er ihm alle schönen jungen Männer, die er sich wünscht. Der junge Mann glaubt das alles nicht so recht, geht aber zu der Sexparty, wo der Spiegel zu finden ist. Bzw. DIE Spiegel, denn auf dieser Party sind – so soll man das sehen, glaub ich – all diese bizarr und morbid kostümierten Gäste selbstbespiegelnd in sich selbst gefangen.

Je normaler wir uns im Alltag geben, umso wichtiger wird es, uns zu verändern, um interessant und sexuell zu werden – manche vertrauen nicht der Anziehungskraft des Menschen, der sie wirklich sind, und spielen stattdessen eine Rolle. Das kann schnell prätentiös und kitschig werden, und so ist das für mich auch in diesem Film. Die sachliche Normalität ist so schwer auszutreiben, dass man zu dick aufträgt; das Gehabe wird verquast, die Ästhetik überambitioniert, das Gespenstische mitunter unfreiwillig komisch, und die klausschulzig spacige Musik tut ihr Übriges.

Die als alptraum-/höllenhaft inszenierten Sexszenen präsentieren sich dem Helden als bedeutsame Versuchungen und Prüfungen; sie wollen ihn nur in sich selber fangen, er hält sich zurück. Am Ende lobt ihn der als altes Mannweib (= der schrecklichste der Schrecken?) erscheinende Fürst der Unterwelt: „Du hast allen Versuchungen widerstanden.“ Aber soll man auf so was stolz sein? Ist diese furchtsame, zwischen Anziehung und Abstoßung schwankende Enthaltung besser als das, was die anderen Partygäste machen? Hm. Vielleicht haben wir ja hier – der Film stammt aus dem Jahre 1984, in das schon sehr die Angst vor Aids gefahren war – einen Porno mit Bewusstseinsspaltung.

USA 1984, Regie: Michael Zen

Man kann den Film auch anders sehen, sogar ziemlich entgegengesetzt, scheint mir, wie Christoph in seinem Sehtagebuch am 5.11.2012 und in seinem Bilderblog. Und auch wenn man die Geschichte und die Art, wie sie erzählt wird, nicht mag, so lassen sich doch gut aussehende Screenshots von ihr machen.

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Über den Autor

Silvia Szymanski, geb. 1958 in Merkstein, war Sängerin/Songwriterin der Band "The Me-Janes" und veröffentlichte 1997 ihren Debutroman "Chemische Reinigung". Weitere Romane, Storys und Artikel folgten.

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