Gold
Von Jamal Tuschick // 18. August 2013 // Tagged: Deutsches Kino, featured, Western // Keine Kommentare
Das Berliner Ensemble auf Betriebsausflug – Thomas Arslans „Gold“
Das ist Theater mit den Mitteln des Films Zuletzt habe ich Peter Kurth in „Kabale und Liebe“ und in „Floh im Ohr“ auf der Bühne des Berliner Ensembles gesehen. An ihm sieht jedes Kostüm nach großem Mann und heißer Luft aus – und genauso sitzt er zu Pferde in Thomas Arslans Western „Gold“. Wie aufgestiegen vor der Kantine des BE, noch in der Peymann-Maske. So verstehe ich den Film: als kolossales Theater. Inszeniert wird die Frisur eines deutschen Dienstmädchens im kanadischen Gegenlicht. Die Flur so weit, dass sogar die Pferde im Film ein Unbehagen an der Natur artikulieren. Nina Hoss spielt die Einwanderin aus Bremen, es gibt historische Vorbilder. Sie sind überliefert in Beschreibungen persönlicher Verluste, die Regisseur Arslan animierten. Auf dieser Folie könnte Nina Hoss als Emily Meyer dekorativ den Geist aufgeben. Das geschieht nicht. Emily singt „We will survive“ schließlich im Singular.
„Gold“ erzählt einen Rausch von 1898. Am Klondike wurde Gold gefunden, nun kehrt die Welt in Dawson City ein. Dahin macht sich Emily auf den Weg: im Gefolge und in vermeintlicher Obhut eines deutschen Reiseführers namens Wilhelm Laser. Peter Kurth spielt Laser als Getriebenen. Betrug macht er zu einer Obsession. Laser ist der brutale Verführer, wenn er seinen Opfern mit einer Handvoll Nuggets den Schaum der Gier als niedriges Bekenntnis entlockt, dass sie sich mit ihm gemein machen.
Emily hat sich für eine Passage in die Neue Welt als Magd in Chicago anwerben lassen, ihre Aura lässt sie vollkommen erscheinen. Doch legt sie Wert darauf, „nichts Besseres zu sein“. Emily entbehrt in der Wildnis von British Columbia nichts, dass sie zu Wehmut anstiften könnte. An ihrer Seite scheitert eine kleine deutsche Gesellschaft, in jedem Fall rekrutiert von einer Not. Da ist Lasers Pferdeknecht Carl Boehmer, von Marko Mandic mit Akzent und Lowrider-Appeal gespielt. Ihm sind Brüder auf den Fersen, in einer tödlichen Familienangelegenheit. Uwe Bohm spielt den abgesoffenen Journalisten Gustav Müller, dem bald ein Bein abhanden kommt. Er tappt in eine Bärenfalle. „Das ist Pech“, heißt es, „in einem so großen Land, in so eine kleine Falle zu geraten.“
Lars Rudolph spielt den melancholisch-gehemmten Ja-Sager Joseph Rossmann. Rossmann kann seine in New York zurückgebliebene Familie nicht ernähren. „Gold“ zeigt, wie absehbar das Desaster war. – Wie auf einem alten Foto mit gezackten Rändern. Als Maria und Otto Dietz spielen Rosa Enskat und Wolfgang Packhäuser mit. Sie bekochen und versorgen den verlorenen Haufen, bis ihr Planwagen aus- und Otto vom Pferd fällt. Seine Frau beschließt die Umkehr. Das ist eine Szene, die sich einprägt. Maria Dietz sagt: „Wir stehen vor dem Nichts wie schon einmal und wir werden von vorn anfangen wie schon einmal.“
Sie sagt das in ihren eigenen Worten. Arslan betonte gelegentlich sein Interesse an dem Seitenstrang deutscher Geschichte als einer etwas anderen Migrationsgeschichte. Der Film zieht sich vor diesem Interesse zurück. Seine Schauplätze wirken wie Bühnenbilder vor einem Ry Cooder-Panorama.
Deutschland 2013, Regie: Thomas Arslan