Shemtkhveviti paemnebi / Blind Dates

Von  //  22. Februar 2014  //   //  Keine Kommentare

Im Berlinale-Forum wurde ein Film des Georgiers Levan Koguashvili gezeigt.

Georgisch klingt in meinen Ohren wie Türkisch und Persisch im Mixer. Die Straßen- und Landschaftsszenen im Film haben einen orientalischen Anstrich. Ich erwarte islamische Zeichen, so einfach ist das, wenn man nichts weiß. So automatisch laufen die Erwartungen der Ahnungslosigkeit hinterher.
Georgien hat eine orthodoxe Prägung. Als Staat der UDSSR war Georgien lange der amtlichen Säkularisierung ausgesetzt.

Koguashvilis Film schweißt Tbilisi (Tiflis) und das Schwarze Meer aus Bildern, die alle Zeit der Welt zu haben scheinen. Einmal ist es am Strand so regnerisch, dass sich eine offenbar von Freiluftgier gelenkte Gesellschaft unter einer Plane mit Wodka einrichtet. Obwohl ein Restaurant gleich daneben seine Einladungen mit offener Pforte ausspricht. Das sieht nach schönem Leben aus. Lehrer Sandro wohnt mit vierzig noch bei den Eltern, sein bester Freund scheint da auch zu wohnen. Iva (Archil Kikodze) trainiert eine Frauenfußballmannschaft.

Stille Genießer und ruhige Vertreter treffen Frauen am Bahnhof. Sie gehen mit Fremden ins Hotel, um sich bekannt zu machen. Gesprächig werden sie trotzdem nicht.

Iva hat ein Blind Date mit einer Blinden. Er will ihr die Aussicht auf einem unerreichbaren Balkon nahebringen. Sie verführt ihn und winkt dann entrückt aus dem Bahnbusfenster. „Invisible Man“ lacht aus dem Portfolio der Filmgeschichte.

„Blind Dates“ ist ein Lichtstreifen. Koguashvilis Humor hat einen langen Arm. Andro Sakvarelidse spielt den Zauderer Sandro, er kriegt kaum die Zähne auseinander. Einerseits scheint er alles zu haben und zu scheuen. Andererseits hadert er mit sich. Das Unglück der Eltern lastet, sie wollen Enkel. Das Leben soll weitergehen.

Dann verliebt sich Sandro in die Mutter einer Schülerin. Die Friseurin Manana (Ia Sukhitashvili) hat einen eigenen Schönheitssalon und einen Tengo im Gefängnis. Tengos Entlassung bricht Sandro vom Sockel der Lethargie. Er hört auf ein Denkmal seiner Genügsamkeit zu sein. Tengos Wildheit zwingt Sandro auf einen Parcours der aktiven Lebensform. Er gerät an die von Tengo geschwängerte und zur Abtreibung eingeladene Natia (Sopho Gvritishvili). Deren Familie, Bürgerkriegsflüchtlinge aus einer Republik vor der georgischen Haustür, hält Sandro für den Vater. Temperamentvoll rät man ihm zur Ehe. Natia würde wohl jeden heiraten, doch am liebsten Iva. Mit ihm verbindet sie eine Leidenschaft für italienischen Fußball. Das passt, Sandro ist immer noch in Manana verliebt und Tengo sitzt schon wieder im Knast.

Georgien 2013, Regie: Levan Koguashvili

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