The Cut

Von  //  26. November 2014  //  Tagged: ,  //  Keine Kommentare

Armenische Zerstreuung Fatih Akin stürmt mit „The Cut“ einen Siegeranspruch auf Deutungshoheit

Mesopotamien im Sommer 1915. Im Karst wird eine christlich-armenische Zwangsarbeitsgemeinschaft liquidiert. Um Munition zu sparen, geht die Soldateska mit Dolchen vor. Die Bewaffneten sehen aus wie mexikanische Banditen zu Zapatas Zeiten. Manche sind gedungen, andere gepresst. Ein Mann überlebt verstummt. Die Klinge hat seine Stimmbänder tranchiert, so geht Frontalkino. Ein der Türkei zur Last gelegter, von ihr offiziell bestrittener Völkermord an den Armeniern kriegt mit dem Schnitt ein Symbol, das wie der Mond im Märchen leuchtet. Der Stumme ist Schmied Nazaret Manoogian (Tahar Rahim) aus Mardin. Die Stadt liegt nahe der türkischen Grenze zu Syrien. Nazaret macht sich daran, seine deportierte Familie zu finden. Seine Frau Rakel erscheint ihm im Traum, in ornamentalen Auferstehungsszenen. Die Erträumte ist schon nicht mehr von dieser Welt. Nun richten sich Nazarets Hoffnungen auf seine Zwillingstöchter Arsinée und Lucinée. Die armenische Zerstreuung führt den Vater durch Tränentäler in biblischer Landschaft. Im syrischen Grenzland gelangt Nazaret bei Ain al-Arab in ein allegorisch dargestelltes Todeslager. Er trifft seine sterbende Schwägerin und verliert seinen Glauben. Die Abwesenheit Gottes ist zu offensichtlich. Ein Seifenhersteller schmuggelt ihn an osmanischen Amtsgewaltigen vorbei nach Aleppo. Der Film gongt wieder. Auf dem Weg ins Bordell, Nazaret hofft und fürchtet, seine Töchter da zu finden, halten ihn Stummfilmsensationen auf. Charlie Chaplin verklärt seinen Blick. Fatih Akin erklärt so den eigenen Impetus. Als Nazaret Chaplin sieht, währt die armenische Diaspora sechs Jahre. In Aleppo trifft der Schmied seinen Lehrling. Levon kann berichten, dass Nazarets Töchter als Waisen in einem Heim leben. Die Information trifft nur noch in der Vergangenheitsform zu. Die Mädchen sind Eheversprechen nach Kuba gefolgt. Nazaret nimmt einen Dampfer, unterwegs schrubbt er Decks. In Amerika wird er zum Kohlenknecht, Hobo, Eierdieb und Eisenbahnarbeiter. Seine Töchter sind ihm immer einen Schritt voraus. So lernt er Florida, Minneapolis und den Winter in North Dakota kennen.

D 2014, Regie: Fatih Akin

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