Blu-ray: The Complex

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Die Schwesternschülerin Asuka (Atsuko Maeda) zieht mit ihren Eltern in einen seltsam heruntergekommenen Apartment-Komplex, der sich in einem der Vororte Tokios befindet, und über den sie kurze Zeit später von ihren Mitschülerinnen erfährt, dass es ebendort spucken würde. Und abgesehen davon, dass die ganze Anlage häufig merkwürdig entvölkert wirkt, scheint da eine tiefe Stille vorzuherrschen. Aber, man hört den Wind, die Sonne berührt das Gesicht der Haut, wenn man über den Spielplatz geht. Dort freundet sie sich mit einem Nachbarsjungen an, der sich zunächst vor ihr fürchtet, dann aber Zutrauen fasst. Morgens wird sie von einem Weckerläuten wachgerüttelt, das kommt von nebenan. Doch dort wohne nur ein einsamer, alter Mann, sagt man ihr. Irgendwann hat sie es aber satt, dass man ihn nicht zu Gesicht bekommt und geht einfach hinein in diese zugemüllte Höhle voller Schatten und dicker Gerüche. Dort findet sie ihn, eine ausgetrocknete, leblose Hülle, was einst ein Mensch war, der sich durch die Wand kratzen wollte – wohl zu ihr selbst hinüber, aus Angst vor dem kommenden Tod.

Dann aber verschiebt sich der Horror nach innen, ins Psychologische. Ist es doch nur Asuka, die sich all das ausdenkt, phantasiert, traumatisiert, geschädigt von einem Erlebnis aus der Kindheit? Ist es eine Schuld, die sie mit sich herumschleppt? Immer wieder werden schnelle Bilder eines Autounfalls dazwischengeschnitten, die darauf hinweisen, dass hinter der Sache, die wir im Film zu sehen bekommen, noch eine weitere Ebene lauert – eine womöglich schrecklichere, die sich in die Wirklichkeit hinein Bahn brechen wird?

Man möchte so gerne, dass Hideo Nakata wieder gute Filme macht. Hier versucht er einen Geisterfilm mit einem Psychothriller zu kreuzen, und lässt immer wieder Assoziationen zu einem seiner besten Filme hochkommen, zu Dark Water (2002). Allein, soviel Atmosphäre wie dieser frühe Film bereits in seiner ersten Minute erzeugt, wird in The Complex niemals erreicht. Auch wenn dieser, zumindest in der ersten Hälfte, dicht gepackt ist mit schönen Bildern und immer wieder gut gemachten minimalen Verschiebungen, heraus aus den Ankern der abgesicherten Welt. Es ist dann eine Verunsicherung, die den Alltag unterminiert und die Protagonistin zusehends zermürbt. Als grusliger coming-of-age-Film etwa hätte The Complex durchaus Chancen gehabt, den Zuschauer auf eine positive Art zu überraschen – bei Hideo Nakata wird es aber bedauerlicherweise im letzten Drittel dann arg plakativ. Wer schließlich im Finale dazu gezwungen wird, sich an Chucky – die Mörderpuppe zu erinnern, fühlt sich nicht nur um die Subtilitäten betrogen, die der Film zu Beginn durchaus aufzuweisen hatte, nein, man ist doppelt enttäuscht, da der Film etwas zu übererfüllen sucht, das gar nicht von ihm gefordert war. So etwas passiert vor allem immer dann, wenn sich der Genrefilm in den Superlativen und Unverbindlichkeiten des totalen Mainstreams auflöst, der sich in dann immer wieder gleichen Überbietungsstrategien selbst die Wucht seiner möglichen Wirkungsmächtigkeit nimmt. Und wer mit einem solch dicken Pinsel artig Schablonen ausmalt wie Hideo Nakata, der landet mit seinem Film im Kindergarten der hochpotenten Spielkinder. Ab in die Ecke.

 

The Complex – Das Böse in Dir, Japan 2013; Regie: Hideo Nakata.

Auf der Blu-ray von Koch Media befindet sich der Film in ansprechender Bildqualität mit wählbarer Sprachfassung. Es stehen deutsche Untertitel zur Verfügung. Auf Bonusmaterial wurde verzichtet.

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Über den Autor

Michael Schleeh schaut vor allem asiatische Filme. Seit ein paar Jahren betreibt er das Blog SCHNEELAND und schreibt Reviews für verschiedene Webseiten. Indisches Regionalkino ist sein aktuellstes Ding. ~~ Michaels Filmtagebuch: http://letterboxd.com/schneeland/ ~ Michaels Twitter: @mono_micha

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