The People Who Own the Dark

Von  //  20. Mai 2011  //  Tagged: , ,  //  3 Kommentare

Wundertütenalarm! Im Grunde genommen haben wir es hier mit einer Art „Thriller“ zu tun, doch eh man sich versieht, wird kräftig durch viele andere Genres gehüpft. Eine Partei von reichen und einflußreichen Menschen treffen sich mit Fotomodellen auf einem entlegenen Landsitz, um eine Marquis de Sade-Gedächtnisfeier abzuhalten. Kaum ist die erste Brust entblößt, rumpelt es aber im Gemäuer: Der Atomkrieg ist ausgebrochen! Schnell will man im nahegelegenen Dorf Vorräte einkaufen und stellt fest, daß der Pöbel allesamt erblindet ist und sich sein Essen auch nicht unbedingt wegnehmen lassen will. Die egoistischsten Arschlöcher unter den Kapitalisten ermorden mehrere Blinde, was äußerst ungemütliche Folgen nach sich zieht…

Klimovsky liefert hier ein echtes Meisterstück ab. Wähnt man sich zunächst in einem Sex-Horror-Streifen, was im Originaltitel (übersetzt etwa „Der letzte Wunsch“ – den US-Titel mag ich aber auch irgendwie) und dem spanischen Originalplakat auch suggeriert wurde, wechselt der Film bald ständig die Richtung und streut Elemente aus Science-Fiction, Paranoiakino und noch viel weiteres hinein. Paul Naschy hat als halbseidener, skrupelloser Geschäftsmann auch mal wieder eine Rolle, in der er mehr von seinem Talent zeigen kann als normalerweise üblich, was sehr erfreulich ist. Der einzige Kritikpunkt mag die durch heutige wissenschaftliche Erkenntnisse recht naiv wirkende Beschreibung der Auswirkungen einer Atombombe sein, aber wer einen so vielschichtigen Film wie diesen hier nur aufgrund dieses Merkmals als „Trash“ abstempelt, erkennt einen guten Streifen wohl auch dann nicht, wenn man ihn mehrfach mit der hochgereckten Nase darauf stößt. Was nach der Zusammenfassung oben vielleicht nach einer plumpen „reich = böse“-Parabel klingt, verdichtet sich mit und mit zu der Aussage: Alle Menschen sind Scheiße und es gibt keine Hoffnung. Diesen extremen Zynismus, der in spanischen Filmen dieser Periode (wie z.B. auch beim Kollegen IbáñezSerrador) festzustellen ist, könnte man mit dem Franco-Regime erklären, wenn man denn Soziologe werden will. Kann man aber auch sein lassen. Genau wie den unfruchtbaren Vergleich des Films mit Night of the living Dead, wie er z.B. auf der imdb mehrfach zu lesen ist, der dem eigenwilligen Charakter dieses Werks keinesfalls gerecht wird. Die momentane Editionslage übrigens auch nicht, kriegt man doch mit viel Glück höchstens die verkrüppelte US-Fassung in verschwommener Qualität zu Gesicht. Schleunigst eine anständige DVD davon her!

Último deseo, Spanien 1976, Regie: León Klimovsky

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Über den Autor

Alex Klotz ist ein Zelluloid atmendes Wesen und betreibt den Blog hypnosemaschinen. Alex Klotz hat nie als Tellerwäscher, Aushilfsfahrer oder Kartenabreisser gearbeitet und gedenkt das auch in Zukunft nicht zu tun.

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3 Kommentare zu "The People Who Own the Dark"

  1. Alex Klotz 6. Juli 2012 um 15:39 Uhr · Antworten

    Gute Neuigkeiten! Dank dem Label Code Red ist der Film jetzt endlich mal auf DVD erschienen.

  2. Alex Klotz 23. Mai 2011 um 08:32 Uhr · Antworten

    ULTIMO DESEO könnte tatsächlich der un-trashigste Klimovsky sein, den ich kenne, vielleicht noch gefolgt von VAMPIRE’S NIGHT ORGY. Bei ODIO MI CUERPO gebe ich dir recht, die Bastedo gibt sich zwar reichlich Mühe, aber irgendwie will es nicht funktionieren. Highlights sind freilich auch NACHT DER VAMPIRE und TODESKREIS LIBELLE…

  3. Christoph 23. Mai 2011 um 06:27 Uhr · Antworten

    Sehr appetitanregend! Ich habe den Film schon seit geraumer Zeit hier herumliegen, Spanisch mit englischen Untertiteln, dafür aber in grauenhafter Tonqualität. Ich kann mir zwar kaum vorstellen, dass der Film nicht trashig ist – ich kenne von Klimovsky einen anderen, „ernsthaften“ Horrorfilm, ODIO MI CUERPO, welcher definitiv Megatrash in Reinkultur ist, von BLUTRAUSCH DER ZOMBIES ganz zu schweigen – aber dein Kommentar macht Lust, das nachzuprüfen.;-)

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