DVD: The Man from Nowhere

Von  //  7. Juli 2011  //  Tagged: , ,  //  7 Kommentare

Der ehemalige Profikiller Cha Tae-sik (Won Bin) hat sich nach einem Knast-Aufenthalt ganz aus der Gesellschaft zurückgezogen: nun führt er eine kleine Pfandleihstelle in einem heruntergekommenen Mietshaus inmitten eines gottverlassenen Viertels von Seoul. Hier ist alles anonym, die Kundschaft spricht nur das Nötigste mit ihm – lange Haare verbergen sein Gesicht. Der Mann ist einsilbig, er lebt allein. Lediglich die etwas verwahrloste So-mi (Kim Sae-ron), die Tochter einer benachbarten, heroinabhängigen Stripperin, hält etwas Kontakt zu ihm. Als deren Mutter nach einem Auftritt im Club einen Dealer um seine Ware erleichtert, nimmt das Schicksal seinen Lauf. Die Mafia lässt sich das freilich nicht bieten und entsendet ihre Schergen: das Blutbad kann also beginnen.

THE MAN FROM NOWHERE war 2010 in Korea ein riesiger Kinoerfolg, der bei den Korean Film Awards alle wichtigen Preise abräumte. Ein richtiger Blockbuster also, der dann auch, und das sind seine Schwächen, sehr dem Mainstream verpflichtet ist. Das beginnt bei den Rollen, die stereotyp angelegt sind; bei einem sehr geradlinigen Plot, der vorhersehbar ist; bei den Motiven, die schon unzählige Male im Kino verhandelt wurden; und nicht zuletzt bei der Entscheidung, ein Kind zu einer Hauptfigur in solch einer Tragödie zu machen: die Sympathiesteuerung könnte nicht offensichtlicher sein, das Mitgefühl nicht basaler hervorgezwungen werden. Und, wenn man etwas auf die Details achtet: die Effekte. Hier überspannt der Film bisweilen seine Stilsicherheit, etwa wenn zwei Augäpfel samt Sehnerv über den Boden rollen. In solchen Momenten wird der Film dann unfreiwillig komisch.

Und dennoch: der Film weiß zu gefallen. Zunächst einmal ist er sehr spannend, dunkel, düster und gut rhythmisiert. Man ist hier weit weg von der nach Lack glänzenden Oberfläche eines A BITTERSWEET LIFE. Die Schauspieler sind allesamt hervorragend – mit den üblichen Overacting-Konzessionen bei den Bösewichtern, wohlgemerkt. Der Schnitt ist erstklassig: was man auch an den harten Kampfszenen mit Fäusten und Messern sehen kann, sowie an den gut organisierten Shoot-Outs. Die ungekünstelte Ruppigkeit in diesen Szenen erinnert frappierend an die Hochzeiten des Heroic Bloodshed-Genres, das hier nochmal ein kleines Revival erlebt. So ist es eine Freude mit anzusehen, wie der Film stetig aufdreht, an Brisanz gewinnt,… und man unvermeidlich zu vermuten beginnt, dass hier einmal mehr nach asiatischer Art nicht jedes Ende in einem Happy End ersäuft wird. THE MAN FROM NOWHERE ist also einer jener Filme, die nichts neu erfinden, die aber vor Augen führen, warum man sich immer wieder diese harschen Genreprodukte anschaut: weil sie einen völlig in ihren Bann ziehen.

Südkorea 2010; Regie: Lee Jeong-beom

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Über den Autor

Michael Schleeh schaut vor allem asiatische Filme. Seit ein paar Jahren betreibt er das Blog SCHNEELAND und schreibt Reviews für verschiedene Webseiten. Indisches Regionalkino ist sein aktuellstes Ding. ~~ Michaels Filmtagebuch: http://letterboxd.com/schneeland/ ~ Michaels Twitter: @mono_micha

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7 Kommentare zu "DVD: The Man from Nowhere"

  1. Michael Schleeh 8. Juli 2011 um 02:07 Uhr · Antworten

    Blutgrätsche ist immer gut. Ist hier ja auch so ein Hardboiled-Magazin!

    @Andreas: Ja, so hätte man das auch prägnant zusammenfasen können.

    @Whoknows: Schandblätter? Das geb ich weiter. Du willst dich wohl einschleimen! Zur Technik: keine Ahnung, das hier ist WordPress, und für mich noch ganz neu.

  2. Whoknows 7. Juli 2011 um 14:30 Uhr · Antworten

    Wenn ihr wüsstet, für welche Schandblätter unser Michael sonst noch so schreibt. :P Erfahrt ihr alles, wenn – das heisst: falls er meinen Kommentar auf „Schneeland“ freigibt. ;)

    P.S.chen: Gibts hier eigentlich eine Möglichkeit, Antworten auf meine überragenden Kommentare via E-Mail oder sonst was zu empfangen?

    • Eckhard Heck 8. Juli 2011 um 12:30 Uhr ·

      Wenn du dich da unten links im footer anmeldest (nachdem du dich registriert hast), dann solltest du die Antworten auf deine Kommentare auch per eMail bekommen. Hab das aber noch nicht ausprobiert,… was ich bei Gelegenheit mal machen werde. Danke für den Hinweis.

    • Whoknows 8. Juli 2011 um 16:28 Uhr ·

      Vielen Dank, Eckhard! Wird in Bälde ausprobiert. Ich dachte nur, ich würde mich – siehe Michaels Vorwurf! – damit einschleimen, wo ich doch vollauf damit beschäftigt bin, für die „Neue Post“ dem Schicksal von Monacos junger Fürstin nachzugehen, die soeben erfahren musste, dass sogar zwei von Alberts ehemaligen Lustknaben Mütter seiner Kinder wurden. Welch fruchtbare Spermien trägt der Mensch doch mit sich in der Gegend rum. ;)

    • Michael Schleeh 8. Juli 2011 um 16:59 Uhr ·

      Whoknows, du bist ein wenig Off-Topic. Hier geht es eigentlich um koreanischen Action-Krams, nicht um deine Schweinereien an irgendeinem Mittelmeer…

      (edit: diesen Kommentar bitte nicht falsch, sondern scherzhaft verstehen. Jetzt, etwas später, liest sich das unbeabsichtigt ruppig. Man denke sich also einen Smiley hinzu.)

  3. Andreas Wiechert 7. Juli 2011 um 09:39 Uhr · Antworten

    richtig geiler Film!

  4. Eckhard Heck 7. Juli 2011 um 09:23 Uhr · Antworten

    Erste Blutgrätsche von Michael Schleeh auf Hard Sensations.

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