Pornfilmfestival 2011: Programm

Von  //  18. Oktober 2011  //  Tagged:  //  Keine Kommentare

In wenigen Tagen ist es soweit: Das Berliner Pornfilmfestival öffnet einem stetig wachsenden Publikum die Pforten um den mannigfaltigen Gegenentwürfen zum standardisierten Mainstreamporno ein Forum zu bieten. Weltweit war es das erste seiner Art, glücklicherweise aber nicht mehr das einzige. In den vergangenen Jahren gab es Ableger, Geistesverwandte und Nachzieher in Paris, Athen, Lille und vielen anderen Städten, meist in Anbindung an schwul-lebische Festivals. Das Programm glänzt auch 2011 wieder mit klangvollen Namen, ist aber auch mit zahlreichen vielversprechenden Newcomern gespickt.

In der Sektion Dokumentarfilm sticht Todd Verows abgründiger Bottom X als mutmaßlich extremster Beitrag hervor. The Advocate of Fagdom widmet sich dem Queer-Cinema-Punkrocker Bruce LaBruce, mit dem wir uns hier schon beschäftigt haben, das nur etwa vierzigminütige Porträt Sagat nimmt Pornostar Francois Sagat unter die Lupe – oder besser gesagt den Kult um dessen außergewöhnlichen Körper. Rosa von Praunheims Jungs vom Bahnhof Zoo lief zwar bereits in einigen deutschen Kinos, passt aber natürlich trotz fehlender expliziter Inhalte vorzüglich ins generell sehr queere Programm. Spannende Einblicke verspricht auch Cürük: The Pink Report, der sich mit dem Stellenwert von Homosexualität in der türkischen Armee auseinandersetzt, Futter für den ideologischen Diskurs rund um Pornografie bekommt man von Virginie Despentes (Baise-Moi) in Mutantes: Punk Porn Feminism.

Das Special Classic Porn räumt unseren verehrten Golden-Age-Klassikern Platz ein. Auch wenn es dieses Jahr nur für zwei Beiträge gereicht hat, so darf man sich darunter auf mindestens eine Entdeckung freuen: Neben dem relativ bekannten und zu bescheidenem Kultstatus avancierten „X-Rated Musical“ Alice in Wonderland ist der niederländische Spielfilm ‚N Shot in de Roos, der nun endlich mit verständlichen (englischen) Untertiteln vorliegt. Dem vergessenen Regisseur des Films, Willem van Batenburg, und dessen weiblichen Star Diana de Koning ist auch ein Vortrag gewidmet, bei dem sich außerdem die Gelegenheit bietet, auch den früheren Batenburg-Film Pruimenbloesem zu sichten. Zur schönen Abrundung präsentiert Christian Kessler ein weiteres und vielleicht letztes Mal seine Läufige Leinwand – für Einsteiger wie Fortgeschrittene ein Pflichttermin.

Die Sektion Spielfilme ist zu umfangreich um ihr in diesem Beitrag gerecht zu werden. Der indische Genremix Gandu wird in den nächsten Monaten bei Bildstörung veröffentlicht und somit ohnehin noch von sich reden machen, der Iraner Usama Alshaibi provoziert in seinem Profane gehörig, setzt er doch expliziten Sex und muslimische Ikonografie zusammen. Wesentlich heftiger übrigens als Theo van Gogh in seinem berüchtigten Submission, der ihn immerhin das Leben kostete. Titel wie Ticked-Off Trannies with Knives, Pregnant with Desire, Madame X, The Family Complete und der Abschlussfilm The Orgasm Diaries garantieren ein schrill-schräges Programm, das für jeden Geschmack etwas zu bieten hat und den Facettenreichtum kreativer Pornos unterstreicht. Neue Filme von Zach Clark (Vacation) und Maria Beatty (The Return of the Post Apocalyptic Cowgirls) dürften nach vergangenen Erfolgen auf dem Festival für volle Häuser sorgen, am 29.10. wird es außerdem ein Gespräch mit Bruce La Bruce und Wieland Speck geben, bei dem es um die brandaktuelle Monografie Bruce(x)ploitation gehen wird.

Überhaupt wird das Programm durch Verästelungen und Querverweise veredelt – ein umfangreiches Kurzfilmprogramm, bei dem unter anderem Beiträge von Jan Soldat (Unbenannt und 3 von 5) und RP Kahl (Miriam) zu sehen sind, zahlreiche Workshops und mit Tristan Taormino, Travis Mathews sowie dem polnischen Künstlerkollektiv Inside Flesh drei Filmmakers in Focus. Pro-Sex-Feministin Tristan Taormino leitet einen Workshop zum Thema „Anal Pleasure“, Travis Mathews stellt die zweite Episode seiner Filmreihe In their Room vor, Inside Flesh reflektieren ihr bisheriges Schaffen im avantgardistischen Pornofilm.

Das gesamte Programm gibt es auf der offiziellen Webseite. Das 6. Pornfilmfestival Berlin findet statt vom 26.-30.10.2011.

Unsere Besprechungen zum Festival:
Bottom X
Female Voyeur
I want your Love (Travis Mathews)
‚N Shot in de Roos
Mutantes: Punk Porn Feminism
The Terrorists
The Return of Post Apocalyptic Cowgirls
Profane
Sagat

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