The other side of Aspen

Von  //  13. Februar 2012  //  Tagged: ,  //  2 Kommentare

Die Crème der schwulen Erwachsenenfilmdarsteller hat sich im Skiort Aspen in einer Ferienwohnung eingemietet und macht Sex: Der Film muss nichts darüber hinaus erzählen, er ist am Ziel seiner Wünsche. Das Ambiente ist familiengerechter, clean-rustikaler Standard; für die in ihrer Szene berühmten Männer ist es vielleicht gerade ein Reiz, gegen diese Umgebung anzuspielen und dort ihren spektakulären Sex zu zelebrieren.

Wie es leider angesichts des Haufens toller Filme, den ich mittlerweile in meiner Wohnung habe, gekommen ist, hab ich auch diesen zunächst nur testend angebissen, obwohl mir das als Kind bei Pralinen zu Recht verboten wurde. Und blieb sofort wieder an einer Fisting-Szene hängen. Warum? Ich weiß es nicht, und ich schäme mich, obwohl ich das nicht mehr tun wollte, mich schämen. Ich glaube, es ist auch nicht das Fisting an sich (was immer das nun wieder heißen soll). Es ist die gewisse tiefe Monstrosität dieser Handlung, in der ich mich wohl selber sehe; dieses Emotionale/Sexuelle im Inneren ist einfach oft zu viel, unangemessen, störend. Aber es ist nicht böse oder niedrig. Deshalb sehe ich persönlich es nicht so gern, wenn der aktive Part bei seinem ungeheueren Tun im Film eine ungebrochen verächtliche Haltung einnimmt, bzw. der passive glaubt oder glauben soll, er habe eine Strafe verdient.

Das tun die beiden hier aber auch überhaupt nicht. Calvin Culver alias Casey Donovan (aus Wakefield Poole`s „Boys in the sand“) guckt Al Parker in der Fistingszene allerdings immer wieder darauf hin ängstlich, prüfend in die Augen – ein unbeschreiblicher Jungenblick, in dem Unendliches zu sehen ist und für den alleine ich diese Szene lieben würde. Parker, leichtathletisch, dunkelbärtig, ist konzentriert und leidenschaftlich bei der Sache. Mit durchtrainierter Ausdauer legt er sich überaus engagiert ins Zeug, um dem sanften, als jungenhaft schön geltenden Mann unter ihm sexuell aber wirklich alles zu geben, ihn richtig in die Mangel zu nehmen und zu bearbeiten. Er turnt mit ihm, bugsiert ihn behende in immer neue Positionen. (Man könnte das tatsächlich fast wie einen Sport beschreiben, aber es bedeutet viel mehr, jedenfalls mir.) Parker ist ein traumhafter Liebhaber, aber ein Derwisch, nicht zu stoppen, man kann wohl echt nur beten, dass das alles gut geht, wenn der über einen kommt. Seine mit ganzem Körpereinsatz erfolgende chirotherapeutische Operation, dieser hinreißende Akt sportlich-liebevoller Hingabe fühlt sich, denke ich, so an, als würde man in einem Affentempo völlig auseinander genommen und umgebaut, und Culver verfolgt das durchaus mit Besorgnis und nicht ganz sicher, ob sein Partner wirklich noch bei Sinnen ist und weiß, was er da tut. Aber der ist ein Profi; er macht das offensichtlich nicht zum ersten Mal, aber mit dem Herzen, es lässt ihn alles andere als kalt.

Es gibt am Ende dieses Ruhen, und dann das Lächeln Culvers, in dem sich etwas wie Verwunderung, noch zu leben, und eine große Dankbarkeit, Ausgepowertheit und animalische Wärme verströmen. Einer dieser Momente, für die man das alles tut.

Auch in den anderen Szenen stimmt die Chemie unter den Akteuren; die Session ist eine Sternstunde, alle sind durchtrainierte, hochklassige, leicht und ziemlich konstant erregbare Darsteller, die sich zum Finale auf ihren passiven Star Culver/Donovan konzentrieren, vier Männer um ihn und in ihm, nackte, ekstatische Schamanen in einem außergewöhnlichen Klartraum. Ich hätte das Licht gedimmt, Musik den Stimmen auf der Tonspur vorgezogen und länger auf den oft überraschend lebendig, echt und freundschaftlich einander anschauenden Gesichtern verweilt. Aber Colin Myer hatte wenig von einem Künstler, und man will angesichts der vielen großen festgehaltenen Momente nicht meckern, sondern ihm dankbar sein, dann eben einfach alles abgefilmt und die eigentlichen Meister nicht bei ihrem Werk gestört zu haben.

P.S.: Da die Kinder unter unseren Lesern auf die Idee kommen könnten, die Handlung nachzuspielen, muss ich darauf verzichten, die durchweg aussagekräftigen Bilder hier zu zeigen.

USA 1983, Regie: Colin Myer
Mit Calvin Culver/Casey Donovan, Al Parker, Jeff Turk, Dick Fisk, Chad Benson, Mike Flynn

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Über den Autor

Silvia Szymanski, geb. 1958 in Merkstein, war Sängerin/Songwriterin der Band "The Me-Janes" und veröffentlichte 1997 ihren Debutroman "Chemische Reinigung". Weitere Romane, Storys und Artikel folgten.

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2 Kommentare zu "The other side of Aspen"

  1. Whoknows 13. Februar 2012 um 20:31 Uhr · Antworten

    Dafür wäre ich viel zu eng gebaut…

    • Silvia Szymanski 13. Februar 2012 um 21:11 Uhr ·

      :-D

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