Hard Sensations zeigt: Die Weibchen

Von  //  22. März 2012  //  Tagged:  //  8 Kommentare

Dr. Barbara: „Wie oft verkehren Sie?“
Eve: „Ich…. ist das denn wichtig?“
Dr. Barbara: „Wie oft gehen Sie ins Kino?“
Eve: „Einmal in der Woche. Aber nur, wenn ich Zeit habe.“
(Dialog aus „Die Weibchen“)

Achtung! Wir bitten die Freunde unserer Montagsreihe „Alternative Movie“  im Apollokino ausdrücklich, wie Eve wirklich nur dann in unsere Filme zu kommen, wenn sie auch Zeit dazu haben! Der Zusammenhang, den Dr. Barbara feinfühlig andeutet, ist nicht auszuschließen. Aus diesem Grunde werden wir zukünftig darauf achten, vermehrt Filme zu zeigen, die das Triebleben unserer ZuschauerInnen anregen.

Der Film „Die Weibchen“ tut das. Die Männchen müssen allerdings ein bisschen gefasst sein. Weibchen sind nicht immer gute Menschen. Aber hübsche, keine Frage! Der Film ist voller junger, attraktiver Frauen mit fantastischen Bade- und Partyklamotten, ausdrucksvollem Make-Up und abenteuerlustigen Frisuren. Sein Schauplatz, der fiktive sommerliche Kurort Bad Marein, sieht aus wie sämtliche poppig-chice, verrückte und interessant verklemmte Illustrierte der 60er/70er Jahre im Mixer. Es ist ein irrationaler, unlogischer Ort der Rentnerinnenkaffees, kafkaesk undurchschaubarer Machenschaften und mondäner, exzentrischer Raucherinnenpartys.

Die junge, süße Eve (Uschi Glas) fährt mit der Eisenbahn hier hin zur Nervenkur bei der für ihre progressiven Methoden berühmten Ärztin Dr. Barbara. Seltsamerweise gibt es in Dr. Barbaras Klinik, wie überhaupt in diesem ganzen schrägen Bad Marein, nur Frauen. Den Gründen dafür forscht Eve mit ihren riesig aufgerissenen, dunklen Augen nach. Die Emanzipationswelle, die den ganzen Ort ergriffen hat (Demo mit befreiender BH-Verbrennung usw.!) scheint hier nicht mehr viel von den Männern übrig gelassen zu haben. Bis auf ein paar verkrampfte Überbleibsel (Mad Professor, Pfaffe, Knecht) –  und ein paar besonders schmierige Playboys. Sie sind auf der Durchreise, ihr Auto hatte eine Panne. Während sich die sexy Mechanikerin mit der Reparatur verdächtig viel Zeit lässt, versuchen die Boys, sich ein paar Weibchen aufzureißen. Bald darauf findet Eve einen von ihnen ermordet auf…

Der Regisseur dieser internationalen Koproduktion ist Tscheche, und wer ältere, tschechische Filme ein bisschen kennt, kann sich die befremdlich-belustigende Exaltiertheit der Leute und die surreale Absonderlichkeit auch der Dekoration vorstellen. Alle sind verrückt, versuchen aber hochnäsig, das gegenüber der verwunderten, eingeschüchterten Eve als normal hinzustellen. Vertrauen kann Eve hier praktisch niemandem. Eve kämpft tapfer, um nicht selber durchzudrehen. Sie kommt sich vor, als würde ihr hier dauernd etwas in den Tee getan.

Uschi Glas ist erstklassig schön anzusehen, und ihre matte, tiefe Mädchenstimme hört man auch sehr gerne. Wer schon etwas länger – oder filmguckerisch intensiver – lebt, wird sich über einige weitere Bekannte freuen. Die Schauspieler Klaus Dahlen und Judy Winter sind z. B. mit dabei, und Kameramann Charly Steinberger lebt sich mit seiner zu Recht berühmten, psychedelischen „Fischaugenkamera“ so richtig aus. Dazu taucht Peter Thomas alles in eine permanente, giftig-süße Musiklimonade mit der wilden Frische verzerrter E-Gitarren und dem fröhlichen Sprudel triumphierender Unterhaltungsorchesterfanfaren („Liebling, weißt du, was mich quält? Es ist der Hunger, er lässt mich nicht schlafen… satt machst nur du“, singt eine Gottesanbeterin.)

BRD/Frankreich/Italien 1970, Regie: Zbynek Brynych

Am Montag, 16.04.2012, 22.30 Uhr im Apollo Kino Aachen!


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Über den Autor

Silvia Szymanski, geb. 1958 in Merkstein, war Sängerin/Songwriterin der Band "The Me-Janes" und veröffentlichte 1997 ihren Debutroman "Chemische Reinigung". Weitere Romane, Storys und Artikel folgten.

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8 Kommentare zu "Hard Sensations zeigt: Die Weibchen"

  1. Whoknows 24. März 2012 um 16:59 Uhr · Antworten

    Uschi Glas hat ein Triebleben??? – Das fiel mir in den „Lümmel“-Filmen gar nicht auf, nicht einmal in „Zur Sache, Schätzchen“. Nun ja, in „Unsere schönsten Jahre“ vielleicht ein wenig – und natürlich im „Schloss am Wörthersee“. Dort war sie ja ein regelrecht sexgieriges Wesen, das jeden Mann zur Erschöpfung trieb.

    • Silvia Szymanski 27. März 2012 um 10:32 Uhr ·

      In den paar Filmen mit ihr, die ich gesehen habe, ist sie immer so völlig das akzeptabel moderne, muntere, saubere, wie aus dem Ei gepellte Mädchen ihrer Zeit. Das durch alles geht, ohne sich von sich abbringen zu lassen, schmutzig zu werden, Schaden zu nehmen. Ich denke, sie regt da manchmal das Triebleben anderer an, weil sie dabei ein so burschikos-hübsches It-Girl ist. Ihr eigenes… da bin ich mir auch nicht sicher. Aber vielen Frauen in unserem Kulturkreis sieht man das nicht an, oder? Sie ist in diesen 60er/70er Jahre Filmen der Typ Mädchen, dem man nachsagt, sie wirke so unschuldig, habe es aber „faustdick hinter den Ohren“. Faustdick. Das sind immer Wörter, liebe Güte.

      „Unsere schönsten Jahre“ und das „Schloss am Wörthersee“ hingegen sind meiner Aufmerksamkeit völlig entgangen. Manchmal frage ich mich, wo ich die ganze Zeit war ;-)

    • Eckhard Heck 29. März 2012 um 00:37 Uhr ·

      Uschi Glas ist Sex pur. Jedenfalls, wenn man ich ist. Aber wer ist das schon?

    • Silvia Szymanski 29. März 2012 um 10:36 Uhr ·

      Du überraschst mich immer wieder, Ecki.

    • Eckhard Heck 29. März 2012 um 21:50 Uhr ·

      Immer noch? :) Gut.

  2. Frau Suk 23. März 2012 um 00:02 Uhr · Antworten

    Also ganz unten rechts wäre noch für einen Platz…

  3. Silvia Szymanski 22. März 2012 um 16:49 Uhr · Antworten

    Ja wirklich. Ich schäme mich ja auch. Und ich HAB schon gesiebt ohne Ende.

  4. Christoph 22. März 2012 um 16:42 Uhr · Antworten

    Keine Frage: Ein Film, der die Wahl der Screenshots zur Qual macht.;)

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