Filmclub 813: Mädchen für die Mambo-Bar + Brandmale

Von  //  10. November 2012  //   //  7 Kommentare

Obwohl wir letztes Mal dabei in das leider nicht nackte Grauen eines durch den Zug strolchenden, geldgeilen Junggesellinnenabschieds gerieten, haben Hard Sensations sich für ihren Betriebsausflug auch diesmal wieder für die Deutsche Bahn AG und Köln entschieden. Am 18. 11. zeigen dort unsere Freunde und Kollegen vom Nürnberger Hofbauer-Kommando/Eskalierende Träume im Filmclub 813 ein Double Feature mit zwei deutschen Außenseiter-Filmschätzen.

Für Leute wie mich wird der Abend vor allem eine beklemmende Wiederbegegnung mit erschreckenden Gestalten einer deutschen Fernsehkindheit sein. So mit der schlangenhaften Kai Fischer und dem bösen Wolf Albach-Retty, dem eigentlichen Papa von Sissi, der sein kleines Mädchen verließ und nicht bei ihrer freilich arg bieder-straight wirkenden Mama bleiben wollte. Dem abgebrühten Draufgänger und rauchenden Hallodri Sieghardt Rupp. Der einschüchternd kompetenten, feschen Gila von Weitershausen, einer frühen Form von Amelie Fried, wie ich noch immer finde. Und erstaunlicherweise auch mit der nicht einzuordnenden Anne Bennent, die auf dem tollen, fast afrikanischen Kinoplakat zu diesem Artikel wie aus einem meiner geliebten Groschenhefte aussieht. Dazu die Musik des intensiven, zigarettenrauchenden Gilbert Becaud und der wichtigen, umnebelten Hippies von Tangerine Dream. Und Mona Baptiste, die einzige von den oben genannten Leuten, die ich als skeptisches Kind wirklich gern hatte (hier ihr schwüler Heuler „Wer mich küsst, ist gefangen“.)

Um 18 Uhr geht es schon los. Natürlich von 35mm, anders sind die Filme ohnehin nicht greifbar, denn sie sind nur im Kino und allenfalls mal im Fernsehen gelaufen und weltweit nie auf VHS oder DVD/BD erschienen. Und das sind sie:

Sonntag 18.11.2012 – 18 Uhr (!)
Außenseiter des deutschen Kinos: Wolfgang Glück
MÄDCHEN FÜR DIE MAMBO-BAR
BRD 1959 – 87 Min. – 35mm
Regie: Wolfgang Glück
Buch: Hellmut Andics, August Rieger
Kamera: Walter Tuch
Musik: Gilbert Bécaud, Sten Clift, Klaus Ogermann, Perez Prado
Mit Gerlinde Locker, Kai Fischer, Jimmy Makulis, Rolf Kutschera, Edith Elmay, Wolf Albach-Retty, Rolf Olsen, Sieghardt Rupp, Mona Baptiste.

Gefährdete Mädchen, Rauschgift und Spionage im Umkreis eines Wiener Nachtlokals. Eine der naiv-verruchten und mit Musik- und Tanznummern garnierten Milieu-Kolportagen, mit denen Wolfgang Glück Ende der 50er Jahre dem deutschen Kino Halbwelt-Anzüglichkeiten einhauchte.: „Poesie freischwebender Genrebestandteilchen, befreit von den Fesseln schnöder realistischer Kohärenz.“ (Olaf Möller)

Sonntag 18.11.2012 – 20 Uhr
Außenseiter des deutschen Kinos: George Moorse
BRANDMALE – Aus der Unterwelt der Gefühle
BRD 1982 – 90 Min. – 35mm
Regie: George Moorse
Buch: Mathias Wittich, George Moorse
Kamera: Wolfgang Dickmann – Musik: Edgar Froese
Mit Anne Bennent, Gila von Weitershausen, Hub Martin, Dieter Schidor, Isolde Barth

Ein junger Mann gerät zwischen zwei Frauen und ist der Entscheidung nicht gewachsen. Eine Rarität aus dem Spätwerk des gebürtigen Amerikaners George Moorse, einst einer der führenden Regisseure des Jungen Deutschen Films, heute fast vergessen. Den Soundtrack lieferte die legendäre Elektronik-Band Tangerine Dream.

Vorfilm: IN-SIDE-OUT
BRD 1964 – 16 Min. – 35mm
Regie: George Moorse – Mit Pamela Badyk, George Moorse

Ein junger Mann ist von einer Frau fasziniert und folgt ihr durch Berlin. Wird schon kein Fehler sein.

Danach würde ich am liebsten noch durch Köln ströhfen. Doch es sind Werktätige in unseren Reihen, die montags wieder auf Maloche müssen! So werden wir wohl nicht bis zum ersten Zug nach Aachen noch in der hilfreichen, charismatischen Absackergaststätte „Zum Rappen“ in der Unterwelt der Gefühle festmachen können. Ich werde mir zum Trost ne Flasche Frauengold zur Brust nehmen.


Flattr this!

Über den Autor

Silvia Szymanski, geb. 1958 in Merkstein, war Sängerin/Songwriterin der Band "The Me-Janes" und veröffentlichte 1997 ihren Debutroman "Chemische Reinigung". Weitere Romane, Storys und Artikel folgten.

Alle Artikel von

7 Kommentare zu "Filmclub 813: Mädchen für die Mambo-Bar + Brandmale"

  1. Alex Klotz 19. November 2012 um 16:36 Uhr · Antworten

    Super war’s!

    • Silvia Szymanski 19. November 2012 um 18:48 Uhr ·

      Genau das war’s! Ich werde mich bemühen, in meiner aktuellen Folge des „Filmtagebuchs einer 13-Jährigen“ über den Abend zu berichten. :-)

    • Sano 20. November 2012 um 00:30 Uhr ·

      Jawoll. :-) Sowas müsste öfter klappen.

  2. Synapsenkitzler 18. November 2012 um 00:33 Uhr · Antworten

    Schade, einen (digitalen online) Trailer für den Film Mädchen für die Mambo-Bar scheint es nicht zu geben.

    • Alex Klotz 18. November 2012 um 01:03 Uhr ·

      Einfach hinkommen und sich überraschen bzw. überzeugen lassen! :)

  3. Manfred Polak 11. November 2012 um 16:50 Uhr · Antworten

    Ich werde mir zum Trost ne Flasche Frauengold zur Brust nehmen.

    Bist Du etwa nicht mehr so hübsch wie damals? :-Þ

    MÄDCHEN FÜR DIE MAMBO-BAR ist eigentlich ein halb österreichischer Film, auch wenn er von der Berliner Rex-Film Bloemer & Co. produziert wurde. Nicht nur Regisseur Glück stammt aus Österreich, sondern auch die Drehbuchautoren Hellmut Andics und August Rieger sowie Ernest Müller, der zusammen mit Rieger produzierte. Anscheinend war Müller irgendwie an der Rex beteiligt, denn er fungierte da öfters als Produzent. Rieger und sein alter Spezi und Chef Müller (bei der Wiener Schönbrunn-Film) hatten auch schon Kurt Steinwendners WIENERINNEN produziert. Steinwendner wiederum beschäftigte mehrfach einen Nachwuchsregisseur namens Ernst Hofbauer. So hängt irgendwie alles mit allem zusammen …

    • Silvia Szymanski 13. November 2012 um 17:40 Uhr ·

      Du meinst wie damals, als ich noch glücklich gemacht wurde und glücklich machte? Das ist aber auch schon zehn Jahre her! Wer soll denn die ganze Arbeit machen, Manfred? Ich bin nicht mehr ich selbst! – Und Österreich und Deutschland, das schwappt ja wirklich nur so in einander in der Mambo Bar!

Schreibe einen Kommentar an Alex Klotz

comm comm comm